| An der Kasse des Weltweihnachtscircus in Stuttgart
erlebte ich eine schleppende Abwicklung und unfreundliche Kassiererinnen. Erst nachdem ich deutlich laut reklamierte, wurden die Kunden der aktuellen Vorstellung bevorzugt abgefertigt. Trotzdem kamen wir verspätet in die Vorstellung, als die erste Nummer fast vorbei war. Bei den hohen Preisen stimmt der Service nicht dazu. Glücklicherweise war das Zelt nicht total voll, sondern nur 95 %! Daher konnte ich mir einen besseren Platz aussuchen, als den mir bereitgestellten Platz mit recht
schlechter Sicht für immerhin Euro 26. Das Programm 2006 war Masse, aber nicht unbedingt Klasse. Zwar mit vielen Artisten und aufwendigen Installationen, doch vieles langweilig oder fragwürdig. Insbesonders die chinesischen Artisten mit viel zu jungen Akteuren zeigen die ethischen Grenzen auf. Kinder zeigen Höchstleistungen, die selbst Erwachsene nur unter Belastung umsetzen könnten. Da wird auf dem Rücken von Kindern der Erfolg gesucht. Wie es diesen gesundheitlich in 10 Jahren
geht, wird kein Besucher mehr sehen oder nachprüfen können. Besonders die “weltbeste Ikariernummer” ist so ein Darbietung, bei der 7-10 jährige “verheizt” werden. Das fliegende Trapez der Fliegenden Piraten war zwar technisch aufwendig, aber kühl, nüchtern und ohne Pep präsentiert. 9 Akteure in der Luft und ebenso viele am Boden zeigten einen langweiligen Auftritt. Selbst beim Abgang gab es nur wenige Sprünge ins Sicherungsnetz. Auch die fliegende Kanonenkugel am Anfang war wenig
spektakulär, auch wenn die Amerikanerin vom Besuchereingang quer über die Manege katapultiert wurde. Freude bereiteten die vier Seelöwen von Petra und Roland Duss. Das war eine Dressur mit Witz und vielen feinen Tricks. Ebenso die französischen Clowns mit feiner Komik und Musik. Nach vielen verschiedenen Artistennummern aus Russland, Ukraine und anderen Ostblockländern, genoss ich die Reitertruppe von Florian Richter vom Ungarischen Nationalcircus zu ungarischer Musik. Gewagte Sprünge
auf bis zu sechs Pferden mit vielen Schwierigkeitsgraden. Danach noch mal Artisten mit moderner fetziger Musik. Alles über dem Durchschnitt und doch riss es mich nicht vom Hocker. Erwähnenswert auch die Freiheitsdressur von Florian Richter zum Anfang des Programms. Ein Zwölferzug edler Hengste, wie man es nur noch selten erlebt. Dieser junge ungarische Circusdirektor hat eine deutsche Mutter und deren Ursprung aus dem Hause Renz ist dem Florian im Gesicht zu sehen. Er ist ein Neffe von
Daniel (Universal Renz), Henry (Manege) und Rene Renz (Land der Reptilien). Da ich mich noch an die Reitertruppe von Josef Richter erinnern kann, war es schön zu sehen, wie dessen Sohn Florian diese Tradition fortsetzt. Diese holländische Direktion bietet mit dem Weltweihnachtscircus ein Erfolgskonzept, das vom Publikum bestens angenommen wird, zeitweise mit drei Vorstellungen am Tag. Den Stuttgartern gefällt es und diese strömen in Massen. Insofern ist meine Meinung die Sicht eines
fachbezogenen Besuchers, der den Vergleich zu anderen Produktionen hat. Der Leser muss daher differenzieren zwischen meiner Sicht und der des breiten Publikums. Am Nachmittag in Stuttgart und am Abend beim 8. Heilbronner Weihnachtscircus
von Uwe Gehrmann und Sascha Melnjak. In einem grossen Zelt eine grosses Programm. Statt Masse erlebte ich hier die Klasse. Leider auch mit chinesischer Kinderartistik, die aber nicht ganz so extrem als in Stuttgart war. Doch auch hier wurden bei der Fahrradshow den jugendlichen Akrobaten extremes abverlangt. Dagegen waren die kindlichen Diabolomädchen schön anzusehen. Die Balancen an roten Strapatentüchern der Shenyang Akrobatik Truppe aus China boten eine wahre Augenweide. Drei
indische Elefanten unter Elvis Errani zeigten zeitgemässe Dressurleistungen, Marek Jama präsentierte einen Sechserzug Pferde von Charles Knie, nur die Seelöwen von Adele und Stefano aus Ungarn verweigerten leider die Arbeit. Die Clownerie wurde improvisiert von dem Komiker Don Martinez. Er war kurzfristig eingesprungen, da die Direktion vom ursprünglich verpflichteten Clown sich wegen Differenzen trennte. Dieser hatte Schwierigkeiten sich ins Gesamtkonzept einzufügen. Armbrustschützen und
Messerwerfen in bester Form zeigte das Duo Jasters, Artistik der Spitzenklasse die Pellegrini Brothers und elegante Equilibristik von Jurie Basiul. Shirley Dean ist eine charmante Jongleuse mit Pep. Dazu das Schleuderbrett des Trio James. Moderation durch Fabian Egli, der geschickt durchs Programm führt. Zum Finale Standingovations eines begeisterten Publikum, das Zugaben fordert. Das war Circus wo fast alles stimmt und der wirklich Freude macht. In Ludwigshafen am Rhein gastierte der Circus Montana
von Gerhard Frank, deren Programm ich nur teilweise sah und dafür um so länger beim Senior im Küchenwagen sass. Der ganze Circus ist einem gepflegten Zustand und das Vorzelt war liebevoll weihnachtlich dekoriert. Im Programm viele Weihnachtsmänner und - frauen in roten Kostümen und Zipfelmützen. Selbst die Stühle im Vorzelt hatten solche Zipfelmützen über die Lehne gestülpt. Ein schönes Familienprogramm, in dem alle mit Freude mitwirken.
Universal Renz zeigte als Dortmunder Weihnachtscircus auf dem Fredenbaumplatz sein Saisonprogramm. Wie immer ein rundes Programm in der originellen Moderation von Daniel Renz. Die Vorstellungen waren sehr gut besucht und Daniel sichtlich zufrieden. Seinen durch ein Krokodil abgebissenen Daumen hatte er geschickt vermarktet. Der Circus ist im Gesamteindruck noch schöner geworden und
bietet soliden traditionellen Circus mit vielen Tieren. In Dinslaken besuchte ich den Circus Alberti
von Stefan Frank mit nagelneuem Chapiteau und neuem Gradin. Ein lebendiges Famlienprogramm mit dem grössten dressierten Elefantenbullen als Höhepunkt. Das Vorzelt und Hauptzelt war liebevoll gestaltet und das komplette Hauptzelt mit blauem Teppich ausgelegt. Dort traf ich auch Monika und Lutz Freiwald, die über Silvester dort zu Besuch waren. Stefans Frau ist die Schwester von Lutz Freiwald. Im Küchenwagen von Stefan diskutierten wir bei Kaffee und Kuchen lange über Tierschutzthemen und
Erinnerungen unseres Lebens. Ich bin gleich alt wie Stefan Frank und wir kennen uns bereits 41 Jahre. Dort zu Besuch war auch Hardy Weisheit, der uns in seine Silvestervorstellung einlud und so fuhren wir nach Duisburg. Am Wedaustadion in prachtvoller Lichtkulisse der Circus Monte Carlo, der nun als “Magie des Dschungels” reist. Im Programm neben den
Hausnummern zwei engagierte Artistengruppen, dazu ein akrobatischer marrokanischer Zwerg. Trampolin und Hula-Hupp aus Polen, afrikanische Akrobaten an einer Kletterstange, dazu schöne Pferde- und Elefantendressuren, die sich mit jedem Grosscircus messen könnten. Dazwischen etwas Komik, Drahtseil und geschickte Pausenmoderation durch Hardy Weisheit. Musik der “Chaos”-Hausband, zudem mit Livegesang. Zum Finale gab es einige Zugaben. Einige Tage später besuchte ich den 1. Duisburger Weihnachtscircus, den der Circusfreund Holger Kühn mit dem Circus Casselly im Landschaftspark Nord veranstaltete. Leider einen Tag zu spät, da diese Produktion bereits zahlungsunfähig war und viele Artisten und das Orchester den Circus am Vortag verlassen hatten. Der gute Mann hatte sich verkalkuliert Ab 2. Januar übernahm
die Familie Casselly die Leitung und den grössten Teil des Programms. Dazu nur noch das Duo Kovatchevi am Washingtontrapez, die Jongleuse Sandra Kovatschevi und Heiko Olf mit seinen Raubtieren. Heiko war stinksauer, da er von Holger Kühn bisher nur ein Viertel seiner Gage erhalten hat und er die komplette Gage dringend braucht um sich einen neuen Raubtierwagen zu bauen. Aus den Gesprächen der Verbliebenen hörte ich viel Ärger auf diesen Circusfreund, der um einen Traum zu realisieren
zuviel gewagt hatte. Der Platz in dem Landschaftspark liegt zudem sehr versteckt und daneben gastierte Hardy Weisheit am Wedaustadion. In Duisburg soll es einen Plakatkrieg gegeben haben, den Hardy Weisheit gewann, da dessen Tafeln im Stadtbild dominierten. Da ich das volle Programm nicht erlebt habe, kann ich nur über das schreiben, was ich sah. Es war trotzdem ein Genuss, da die Nummern der Familie Casselly einfach super sind und ergänzt mit den Kovatschevi und Heiko Olf es eine schöne
Vorstellung war. Dieses Restprogramm war noch bis 7. Januar zu erleben. Aufgrund starken Regens war der Platz etwas weich und mit grossen Wasserlachen versehen. Aber im Vorzelt mit Holzboden konnten die Besucher trocken verweilen. Im Chapiteau mit 34 m Durchmesser fehlte leider ein Holzboden und das Gradin entsprach leider nicht dem Gesamtniveau, dieser ansonsten grossartigen Circusfamilie von Jonny Casselly. Am 4. Januar erlebten wir den 10. Gelsenkircher Weihnachtscircus Revierpark Nienhausen. Vor dem gelbroten Spielzelt ein grosses weisses Vorzelt, das innen mit Buden und Ständen weihnachtlich heimelig dekoriert war. Das Programm war das Stärkste das ich bisher bei Probst-West erlebt habe, dem zehnjährigen Jubiläum voll würdig, mit 3 Stunden fast etwas zu lang. Stephanie Probst machte mit einem Achterzug Pferden den Anfang. Sexy
elegant vorgeführte Pferdefreiheit, die jedem Pferdefreund gefallen haben dürfte. Danach zwei etwas schwächere Auftritte. Josephine mit HulaHupp und die Jongleuse Beatrice. Danach ein Pirat auf dem Drahtseil. Pascal Maatz zeigte eine originelle gefällige Arbeit auf dem Drahtseil, das wie ein Segelschiff dekoriert war. Top danach die Kontorsion mit Pfeil und Bogen der Mongolin Aida. Lars Hölscher brachte die Giraffe und Zebras in die Manege. Der Exotenzug mit Kamelen, exotischen Rindern, Emu
und Guanako wurde von Reinhard Probst vorgeführt. Dazwischen immer wieder Lolly und Nobby mit Clownentrees. Vor der Pause noch die Luftakrobatik von The Flying Timulin Sisters. Gleich danach ein artistischer Höhepunkt mit der Truppe Tashkenbaev aus Georgien auf dem Hochseil. Eine Arbeit mit ganz vielen Schwierigkeitsgraden, drei Personen über einander, Pyramide, Sprüngen und Balancen. Dann Lars Hölscher mit seinen drei Elefanten in einer vielseitigen artgerechten Dressur. Die
Nachwuchsartistin Josephine aus der Berliner Artistenschule bot eine ungewöhnlich arrangierte Handstandakrobatik auf vielseitig verwendbaren runden Podesten. Mit der Perchetruppe Kirakosyon wurde ein weiterer Highlight geboten. Von zwei Perchestangen mit kleinen Plattformen sprang ein jugendlicher Artist per einfachem und zweifachen Salto von einer Plattform zur Nächsten. Zum Abschluss noch ein Sprung zum Zweimannhoch auf der gegenüberliegenden Plattform in schwindelnder Höhe. Einfach nur
grossartig und mit Worten kaum beschreibbar. Diese Darbietung muss man einfach selbst gesehen haben. Die Osibisa Dancers aus Ghana traten zusammen mit Lars Hölscher auf. Deren Akrobatik, Jonglagen, Limbatanz und Saltos kombiniert mit dem Flusspferd Elsbeth und dem Nashornbullen Raffiki, auf dem Lars Hölscher stehend durch die Manege reitet, begleitet von den Trommeln der Afrikaner. Das hätte schon das Finale sein können, doch wurde noch eine akrobatische Steigerung geboten mit der Young
Kirgizyan-Murat Truppe an zwei hohen Stangen. An diesen und der verbindenden Reckstange vollbringen diese Kirgisen eine Vielzahl akrobatischer Tricks, welche das Publikum begeistern. Zwei wandelnde Schneemänner leiteten das Finale mit allen Artisten ein. Die Moderation war von Carmen Leyseck und ein gutes Circusorchester sorgte für die optimale Programmbegleitung. Am Abend des 5. Januar erlebte ich den 2. Trierer Weihnachtscircus
von Rosita und Joachim Sperlich. Im 1500 Personen fassenden Chapiteau, das einst Fumagalli gehörte und mit dem diese Saison der neue Circus Charles Knie sich präsentiert, waren leider nur etwa 40-50 % der Plätze besetzt. Davor ein weihnachtlich dekoriertes Vorzelt und am Eingang mit zwei Holztüren. Das Chapiteau war nicht mit Lichterketten versehen und so lag nachts der Circus total im Dunkeln. Die wenigen Lampen an der Fassade waren zuwenig, als dass dieser Zeltpalast von der Stadt aus gesehen hätte werden können. Eine verschenkte Werbung!
Das Programm war vielseitig, leider ohne Orchester und etwas zu lauter Tonbandmusik. Die Ausleuchtung des grossen Zeltes hätte besser sein können, zumal zwei Scheinwerfer vor der Bühne oft die Besucher blendeten und das Fotografieren sehr erschwerte. Von diesen Einschränkungen abgesehen war es ein schönes Programm, das aber mit dem Topprogramm bei Probst in Gelsenkirchen nicht mithalten konnte. In der Show waren die Biasini-Familie mit drei Auftritten (Fahrradartistik, Solotrapez,
und Eliane Balaton mit Antipoden) zu erleben und Marco als Clown mit mehreren Reprisen. Daniel Stipka bot mit seiner Schwester das Pas de Deux zu Pferd und Akrobatik an den Strapatentüchern, die Cardenali Familie zeigte zwei Seelöwen und eine gute Leiterakrobatik, ein chinesischer Junge auf dem Schlappseil balancierte erstaunlich sicher, Sandro Montez mit Kamelen, Zebras, Lamas, Känguruh und Emu. Die Familie Sperlich mit einem vielseitigen Charivari und drei Ponys in der Manege. Stuhlbalancen
in römischer Kulisse und Verpackung zeigte ..... Quaiser. Ein Finale mit sprunggewaltigen Zugaben und mit Weihnachtsmann. Moderation von einem deutschsprechenden Franzosen mit feinen Ideen, die das Publikum teilweise gut annahm. Das Trierer Publikum dankte mit langanhaltenden Applaus. In einem kleineren Chapiteau wäre dieses Programm wohl noch besser angenommen worden. In diesem grossen weiten Zelt fehlten noch ein paar grosse Gruppen mehr und eine Regie, die dem Programm den
entscheidenden Schliff gegeben hätte. Für das normale Publikum war es sicher ein schönes Circuserlebnis. Meine nächste Station war der Landauer Weihnachtscircus
von Jakel Bossert, der dieses Jahr einen grossen Viermaster aufgebaut hatte und darin Gradin und Restauration integrierte. Wie ich hörte basierte dies auf ganz praktische Gründen. Acht Heizungen sorgten für Wärme und darin bot sich ein unterhaltsames Programm, das vom Publikum gut angenommen wurde. Am Einlass der Portier Kid O Hara - Hermann Sonntag, der mit 75 Jahren immer noch aktiv ist. Die Moderation führte wieder Peter Winter und Jakel Bossert am Schlagzeug begleitete sein
Programm. Die Tierdressuren mit Pferden, Ponys, Ziegen, Schafen und Exoten zeigte souverän Urs Strasser und liess sich zeitweise von der Tochter von Jakel Bossert vertreten. Die Clownin Anotschka mit Partner trat mehrfach mit feinen Entrees auf, dabei auch eine Perserkatze, Hund und Ratte. Dazu eine RolaRola-Darbietung komisch und zugleich gekonnt gezeigt. HulaHupp, Drahtseil, Handstandakrobatik, Zopfhang, Trampolincomedy, Trapez und die Perchedarbietung der Geschwister Stauberti sorgten
für viel Applaus beim Finale. Zum Abschluss noch ein Spitzenprogramm beim 11. Offenburger Weihnachtscircus, den Anja Oschkinat wieder mit viel Herzblut veranstaltete. Da stimmte alles und dieses Programm war voller Höhepunkte. Ein stattliches Orchester sorgte für den Sound, Klaus Kaulis moderierte gekonnt auf dezente Weise. Hohe Schule einmal ganz anders ritt
Katja Kossmayer, Annalisa bot elegante Handstandakrobatik, Der Komiker Marco Carolei spielte mehrfach mit dem Publikum, Monsieur de Larott zauberte mit Rasierklingen, Hasen und einem Panther, mit dem er dann an der Leine durch die Manege schritt, Jaro Wolschansky bot mit einer Gitarre als Requisit einen akrobatischen Tanz mit ungewöhnlichen akrobatischen Einlagen, Jennifer Frankello mit Partner führte zwei afrikanische Elefanten vor, Silvia Brumbach jonglierte schwere Kugeln, zerriss ein
dickes Telefonbuch mit den blossen Händen und bot so die “stärkste Frau der Welt”. Sehr gut verkauft von einer Vollblutartistin. Mit der ukrainischen Truppe Kuskov rollten unter Rockmusik drei schwere Motorräder in die Manege und darauf bot sich eine Ikarierarbeit mit vielen gekonnten Sprüngen. Ein Stimmungsmacher zum Schluss des Programms, welches das Publikum mitriss und zu Zugaben aufforderte. Ein Finale mit stehendem Applaus, auch für die Veranstalterin Anja Oschkinat, die diesen im
Vorzelt abwesend hörte. |